Studienprojekte mit der Eye-Tracking-Brille an der FH Potsdam

SMI Eye Tracking Brille

SMI Eye Tracking Brille

Eine kleine Rückschau anlässlich unserer Aktivitäten zum Aufbau des Usability-Labors und der Informationsverhaltensforschung am Fachbereich. Viele haben dies ja schon z.B. auf dem Bremer Bibliothekartag im Rahmen der Zukunftswerkstatt oder auf anderen öffentlichen Veranstaltungen des Fachbereichs mitbekommen: wir nutzen seit 2013 ein mobiles Eye-Tracking System von SMI.

Aus anderen, „echten“ Projektmitteln konnte die recht komplexe (und vor allem teure) Eye-Tracking Brille von SMI angeschafft werden. Seitdem werden regelmäßig Masterprojekte und Masterarbeiten damit durchgeführt. Die Anforderungen sind dabei recht hoch. Da es sich um ein „hartes“, quantifizierendes Messinstrument zum Verhalten von Probanden handelt, muss das wissenschaftliche Forschungssetting  gut funktionieren (State-of-the-Art, Hypothese, Methodologie, Operationalisierung, statistische Auswertung und Diskussion: das sog. IMRAD-Modell). Ein ideales Setting für realistische Projektgruppenarbeit, bei dem echte Lerneffekte entstehen. Eben: „Forschendes Lernen“ – das Credo der FHP.

Analyse der Konzentration bei der Informationsverarbeitung auf den "Leseterrassen" des Grimmzentrums mit Hilfe von Eye-Tracking

Analyse der Konzentration bei der Informationsverarbeitung auf den „Leseterrassen“ des Grimmzentrums mit Hilfe von Eye-Tracking

In dem ersten Studienprojekt 2013/14 wurden die Eye-Tracking Glasses sowie andere Tracking Systeme („quantified self“-Gadgets wie das Fitbit Armband) auf ihre grundsätzliche Tauglichkeit für die Informationsverhaltensforschung evaluiert. Dabei konnte die Projektgruppe auch mit konkreten Praxispartnern (Grimmbibliothek (HU), Philologicum (FU)) sehr schön herausarbeiten, dass beobachtende, mobile Tracking Systeme sehr unterschiedlich skalieren und nur teilweise auf die praktischen Fragestellungen im Hinblick auf Informationsverhalten in und mit Bibliotheken einsetzbar sind. Hier ist manchmal doch eine „einfachere“ Vorgehensweise (mit eher qualitativen Methoden) sinnvoller. Konkretes Ergebnis war dennoch, dass Raumorientierungssysteme belegbar  die Mediensuche im Bestand erleichtern (was intuitiv einleuchtet, was aber wissenschaftlich zu belegen war). Außerdem beobachtete die Projektgruppe an mehreren Probanden, in welchem Lesesaal-Setting die konzentrierte Informationsaufnahme am besten gelingt. Interessantes Ergebnis war, dass nicht der ruhige Lesesaalbereich (oder spezielle Ruhezone z.B. hinter den Regalen) besonders lernförderlich ist, sondern der eher unruhige wie die berühmten Lesesaalterrassen im Grimmzentrum. Die Ergebnisse wurden den Projektpartnerbibliotheken und auf dem Bibliothekartag vorgestellt und generierten großes Interesse.

Heatmap der probandenblicke im Projekt "PoET

Heatmap der probandenblicke im Projekt „PoET

Das zweite Masterprojekt im folgenden Wintersemester (2014/15) zog die Lehre aus dem breiten und sehr mobilen Einsatz der Eye-Tracking Brille der Vorgänger und entwickelte eigenständig eine eigene Forschungsfrage: lässt sich beobachten, dass Informationsaufnahme via grafische Elemente besser ist als über Textinformation? In einem ziemlich professionellen Analysesetting wurden 40 Probanden gebeten, ein wissenschaftliches Poster aus der Gesundheitsforschung zu betrachten und danach einen speziell entwickelten Fragebogen zu beantworten. Mit Bezug auf das „Poster-Eye-Tracking“ gab sich die Projektgruppe auch den schönen Namen „PoET“.  Neben spannenden Ergebnissen zu den Selbsterfahrungen im Projektmanagement und im Forschungsansatz konnte in der Tat belegt werden, dass beobachtbare Unterschiede bestehen, die sich allein schon im Layout des Posters festmachen lassen. Besonders interessant war aber eine Zusatzvariable der Erhebung: das Projekt fragte auch nach der Selbsteinschätzung der Probanden hinsichtlich des Persönlichkeitstypus „eher visueller“ eher „text orientierter“ Typ und konnte die Korrektheit der Selbsteinschätzung bestätigen. Das ist insofern interessant, als dass Selbsteinschätzung in der Verhaltensforschung stets skeptisch betrachtet wird, und als nicht valide verschriehen ist. Die Ergebnisse wurden auf dem Masterday 2015 vorgestellt und lebhaft diskutiert.

Diese Arbeiten mit der Eye-Tracking Brille sind die ersten Vorstufen zum Aufbau eines Usability Labors im neuen Gebäude des Fachbereichs nach dem Umzug im nächsten Jahr (2017). Auf dem BID Kongress 2016 wird der Fachbereich seine weiteren Pläne der Zusammenarbeit mit SMI vorstellen.

Mehr Informationen auf den „Studienprojekt-Seiten“ des Fachbereichs.