Category Archives: Forschung & Projekte

zu eigenen Forschungen

Potenziale Forschenden Lernens heben – ein Modul aus dem AKIB Projekt (Publikation erschienen)

Mit einiger Verspätung ist nun ein Text erschienen, der ein Arbeitspaket des BMBF-Projektes „Akademische Kompetenzen in den Informationsberufen“ (kurz: AKIB) beschreibt.

Das Projekt (Laufzeit 2012-2014) hatte zur Aufgabe zu erkunden, ob die Fernweiterbildung Bibliotheksmanagement und Archiv am Fachbereich Informationswissenschaften die geforderten „akademischen“ Kompetenzen vermitteln kann und wie dies im Blended Learning ermöglicht und ggf. verbessert werden kann.

Als Ergebnis kam u.a. ein Kompetenzmodell für die Informationsberufe heraus sowie zwei praktische Aktivitäten. Neben dem Modul speziell für die Teilnehmer entwickelten „Selbstlernkurs zum wissenschaftlichen Arbeiten“ in Moodle wurde ein Trainingsprogramm für die Dozenten der Fernweiterbildung entwickelt, mit der E-Learning-Didaktik im Sinne des Forschenden Lernens unterstützt werden kann.

Jetzt ist der Bericht dazu erschienen:

Pfeffing, Judith; Mauch, Martina; Hobohm, Hans-Christoph (2018): Die Potenziale Forschenden Lernens heben. Eine Online-Weiterbildung zur Moderation von Lernprozessen für Hochschullehrende. In: Judith Lehmann und Harald A. Mieg (Hg.): Forschendes Lernen. Ein Praxisbuch. Potsdam: Fachhochschule Potsdam, S. 472–486.

Die Projektwebsite http://akib.fh-potsdam.de ist leider schon archiviert und wie das so ist bei Forschungsprojekten: eine Nachhaltigkeit ist nicht gewährleistet.

Next Library Science (Themenschwerpunkt in BFP)

Für das soeben erschienene Heft 42 (2018) Nr. 2 der Zeitschrift „BIBLIOTHEK. Forschung und Praxis“ hatte ich die Gelegenheit, einen Themenschwerpunkt zum Stellenwert einer erneuerten Bibliothekswissenschaft herauszugeben unter dem Motto „Next Library Science“ (leider im Heft falsch abgedruckt) (ab Seite 333).

Ausgangspunkt war selbstredend David Lankes „New Librarianship“. Allerdings stellte sich auch in Vorbereitung der Next Library Conference hier in Berlin heraus, dass es viele ähnliche „moderne“ Ansätze einer Bibliothekswissenschaft gibt, die wenig oder nichts voneinander wissen. Bis auf Markus Krajewski und Thomas Stäcker konnten alle eingeladenen Autoren zum gewünschten (recht knappen) Redaktionsschluss liefern, so dass ich finde, dass ein interessanter Themenschwerpunkt entstanden ist. Besonders spannend wird es, wenn man wie ich als Herausgeber alle Artikel parallel liest. Die jeweils einzelnen Positionen sind sicher unabhängig voneinander bekannt, aber wenn man die Argumente und Formulierungen des einen Textes unter anderer Prämisse im nächsten Text fast identisch wiederfindet, so ergibt sich ein gänzlich neues Bild einer Bibliothekswissenschaft.

Zunächst stand die Frage im Raum, ob es einer Erneuerung der Bibliothekswissenschaft bedarf. Die Autoren greifen die Frage im Titel ihrer Artikel auf – beantworten sie jedoch stets mit „ja“ und geben meist auch sehr konkrete Hinweise auf curriculare Notwendigkeiten, die sich in den letzten Jahren für die Ausbildung für Bibliotheken ergeben haben.  Nicht englischsprachige Texte wurden speziell für diese Ausgabe übersetzt.

Ich möchte den beteiligten Autoren und Übersetzern an dieser Stelle nochmals herzlich für die Mitarbeit danken.

Die noch unlektorierten Preprints sind frei zugänglich auf dem edoc-Server der HU. (Ich empfehle allerdings bei einer Weiterverwendung dringend die eigentliche Ausgabe der Zeitschrift zu verwenden. In den unlektorierten Preprint-Versionen sind einzelne Fehler noch nicht bereinigt.)

Hans-Christoph Hobohm (Potsdam): Warum brauchen wir eine (neue) Bibliothekswissenschaft? Editorial, In: BIBLIOTHEK 42 (2018) Nr. 2, S. 333–337.

Zusammenfassung: Die Medienschwelle, an der wir uns befinden, stellt viele Institutionen infrage. Nicht aber die Bibliothek, wie viele äußerst erfolgreiche neue Bibliotheksprojekte (ÖB und WB) belegen. Der Themenschwerpunkt lässt (auch anlässlich der Next Library Conference in Berlin im September 2018) unterschiedliche Wissenschaftler zu Wort kommen, die dafür plädieren, sich auch wissenschaftlich mit dem Phänomen Bibliothek (wieder) zu befassen, um besser zu verstehen, wie ihre Potentiale den digitalen Wandel positiv begleiten können.

Schlüsselwörter: Bibliothekswissenschaft; Erneuerung; Dataismus; Wissen; soziale Erkenntnistheorie Continue reading

Politische Tragweite der Bibliothekswissenschaft

Zeitnah zum 1. Bibliothekspolitischen Bundeskongress des Deutschen Bibliotheksverbandes (DBV) erscheint eine passende Ausgabe des internationalen Flagschiffes der Bibliothekswissenschaft: das Library Quarterly. Ausgabe 1, Band 88 (Januar 2018) hat im Gegensatz zur vorherigen Ausgabe nur wenige Hauptaufsätze, dafür aber drei, die es in sich haben:

  • Knox, Emily J. M.; Oltmann, Shannon M. (2018): Social Responsibility, Librarianship, and the ALA. The 2015 Banned Books Week Poster Controversy. In: The Library Quarterly 88 (1), S. 5–22. DOI: 10.1086/694870.
  • Buschman, John (2018): On Democracy and Libraries. In: The Library Quarterly 88 (1), S. 23–40. DOI: 10.1086/694871.
  • Clarke, Rachel Ivy (2018): Toward a Design Epistemology for Librarianship. In: The Library Quarterly 88 (1), S. 41–59. DOI: 10.1086/694872.

Knox und Oltmann berichten über eine eigene empirische Erhebung zur Frage der sozial-politischen Verantwortung von Bibliotheken und Bibliothekaren, während John Buschman eine Analyse des letzten Buches von Wayne Wiegand zum Anlass nimmt, zur politischer Tragweite („political import“) von Bibliotheken Stellung zu nehmen, die über die reine „Informationsfreiheit“ hinausgeht. Und ebenfalls sehr passend dazu versucht Rachel Clarke eine Fundierung der Bibliothekswissenschaft, die einen anderen Zugang zu ihrem Objekt findet als den der Informationswissenschaft.

Die sehr Praxis bezogene und methodisch saubere Untersuchung zu einer Kontroverse um ein Plakat der Banned Books Week im Jahre 2015 bringt Stimmen der bibliothekarischen Basis zu Gehör, die nicht einverstanden sind mit der (vermeintlichen) Neutralitätsposition ihres Verbandes ALA. In der Plakataktion wurde deutlich, dass der Verband mindestens einem soziokulturellen Bias (weiße, weibliche Mittelschicht) unterliegt und sich seiner Position bewusster sein muss. Dass dies nicht nur „political correctness“ ist, die beachtet werden sollte, sondern eine eher grundlegende Frage der Aufgabe von Bibliotheken, arbeitet der Artikel gut anhand des empirischen Materials heraus.

John Buschmann, der sich schon länger mit der Aufgabe der Bibliotheken in der „Public Sphere“ (der Habermasschen Öffentlichkeit) beschäftigt [1], analysiert die Geschichte der amerikanischen Public Library, die Wayne Wiegand 2015 [2] vorgelegt hat, unter politikwissenschaftlicher Perspektive. Ähnlich wie die Studie von Knox und Oltmann lässt Wiegand vorwiegend die Praxis (hier die „Leser/Nutzer“ von Bibliotheken) selber sprechen. Buschmann stimmt Wiegand mit der Grundtendenz, wie wichtig Bibliotheken im alltäglichen Leben der Amerikaner sind, durchaus zu. Er wirft ihm jedoch vor, seine Analyse nicht weit genug getrieben zu haben und deutlich genug zu der Schlussfolgerung zu kommen, dass Bibliotheken unabdingbar sind für die Demokratie – und zwar eben nicht nur im Sinne der Informationsfreiheit, sondern unter vielfältigen Gesichtspunkten von Diversity über Community Building bis zu Mastery of Life.

Interessant ist aber vor allem, wie sehr auch er den Bogen schlägt zu der frühen Analyse von Wayne Wiegand, die der Bibliothekswissenschaft zwei blinde Flecken und eine gewissen Tunnelsicht vorwarf [3]: der bibliothekarische Diskurs würde zuwenig beachten, was die beiden Grundvoraussetzungen der Institution Bibliothek ausmachen: sie wisse nicht was Lesen sei (was in der Bibliothek bzw. mit ihren Medien passiert) und sie wisse nicht, was in ihr selbst passiert, in der Bibliothek als Ort. Seit seinem ersten Mahnruf war es u.a. Buschmann, der sich verdient gemacht hatte mit den ersten Analysen zu „Library as a place“ doch erst unlängst machte André Schüller-Zwierlein darauf aufmerksam, dass wir immer noch nicht wissen, wie wir in Bibliotheken mit der Hauptaktivität „Lesen“ umgehen sollen [4].

Ich hatte ebenfalls immer wieder und schon früh unter Bezug auf Wiegand auf diese Fragestellung hingewiesen [5] und gefordert, dass wir einen neuen bibliothekswissenschaftlichen Diskurs brauchen. Ich selbst bin ja geprägt von Paul Kaegbeins Diktum von Bibliotheken als speziellen Informationssystemen und der Bibliothekswissenschaft als einer speziellen Informationswissenschaft, so dass ich mich nur mit Mühen damit anfreunden kann, dass Bibliotheken eben mehr sind als Informationseinrichtungen. Hier kommt jedoch hinzu, dass auch die Informationswissenschaft (s. Blogpost vorher) sich zunehmend kritisch  zu „Information“ und „Wissenschaft“ positioniert [6]. Unter dem Eindruck des Hypes der Methode des Design Thinking hatte ich unlängst auch mal wieder auf das Gründungspapier der deutschen Informationswissenschaft hingewiesen [7], in dem auch schon (vor Internetzeiten) sehr differenziert auf die Notwendigkeit einer anderen Form der „Informationsforschung“ hingewiesen wurde. Einem der wenigen deutschen Informationswissenschaftler, die auch international Beachtung fanden, Gernot Wersig, war dies vor Beendigung seines Lehrstuhls an der FU Berlin im Prinzip schon gelungen. Horst Rittel erlebt z.Zt. als Designforscher eine Renaissance, die bemerkenswert ist. Und nun kommt zur Krönung dieser Entwicklung die starke These von Rachel Clarke daher, dass nicht die Informationswissenschaft, sondern die Designwissenschaft die epistemologische Grundlage der Bibliothekswissenschaft sein solle. Interessanterweise wird nicht nur Horst Rittel (mit seinen „wicked problems„) als Kronzeuge für die neue Fundierung aufgeführt, sondern auch David Lankes und sein New Librarianship.

In Teilen kann ich dem gut folgen. Allerdings kann man auch, wenn man den aktuellen Tiefen des informationswissenschaftlichen Diskurses zu folgen wagt, dennoch bei der These bleiben, dass Bibliothekswissenschaft nur eine Ausprägung der Informationswissenschaft ist. David Lankes baut ja sein Konzept auch auf eine im Grunde inhärent informationswissenschaftliche Theorie auf (Gordons Pasks conversation theory als Basis für Wissensentstehung). Auch Michael Buckland hat unlängst auf einen Ansatz hingewiesen, der m.E. hier ebenfalls weiter führen kann: Max Boisots Konzept des „Information Space“[8]. Der zu frühe verstorbene Wirtschaftswissenschafter und Manager Max Boisot hatte mit seinem I-Space Modell schon seit den 1990er Jahren viele Aspekte menschlicher (Wissens-)Organisation versucht zu erklären und war selbst quasi von außen auf das informationswissenschaftliche Mantra der DIKW-Hierarchie gestoßen, um diese uns besser zu erklären [9]. Für mich als Laien in Fragen der Thermodynamik (!) erklärt er schlüssig, wie man doch von Shannons Informationstheorie zu Fragen des menschlichen und organisatorischen Informationsverhaltens kommen kann. Es ist nur leider nicht so einfach. Aber das würde auch keine andere Wissenschaft von sich behaupten – außer der Bibliothekswissenschaft.

[1] Buschman, John E. (2003): Dismantling the public sphere: situating and sustaining librarianship in the age of the new public philosophy. Westport, Conn. u.a.: Libraries Unlimited.

[2] Wiegand, Wayne A. (2015): Part of Our Lives. A Peoples History of the American Public Library. Oxford: Oxford University Press.

[3] Wiegand, Wayne A. (1999): Tunnel Vision and Blind Spots. What the Past Tells Us about the Present; Reflections on the Twentieth-Century History of American Librarianship. In: Library Quarterly 69, S. 1–32. – Wiegand, Wayne A. (2015): “Tunnel Vision and Blind Spots” Reconsidered. Part of Our Lives (2015) as a Test Case. In: The Library Quarterly 85 (4), S. 347–370. DOI: 10.1086/682731.

[4] Schüller-Zwierlein, André (2017): Die Bibliothek als Lesezentrum. In: O-bib 4 (2), S. 14-34.

[5] Hobohm, Hans-Christoph (2005): Desiderate und Felder bibliothekswissenschaftlicher Forschung. In: Petra Hauke (Hg.): Bibliothekswissenschaft quo vadis? = Library Science quo vadis? Eine Disziplin zwischen Traditionen und Visionen ; Programme Modelle Forschungsaufgaben. Mit einem Geleitwort von Guy St. Clair und einem Vorwort von Georg Ruppelt. München: Saur, S. 47–64.

[6] Furner, Jonathan (2015): Information Science is Neither. In: Library Trends 63 (3), S. 362–377. – sowie Buckland, Michael (2012): What kind of science can information science be? In: Journal of the American Society for Information Science and Technology 63 (1), S. 1-7. DOI: 10.1002/asi.21656.

[7] Kunz, Werner; Rittel, Horst (1972): Die Informationswissenschaften. Ihre Ansätze, Probleme, Methoden und ihr Ausbau in der Bundesrepublik Deutschland. München, Wien: Oldenbourg. – Hobohm, Hans-Christoph (2017): Informationsforschung als Informationsverhaltensforschung. Zur Aktualität des Konzeptes von Horst Rittel und Werner Kunze und seine Realisierung in Praxis und Ausbildung. In: Petra Hauke und Petras, Vivien, Kaufmann, Andrea (Hg.): Bibliothek: Forschung für die Praxis. Berlin: de Gruyter, 17-31.

[8] Wang, Lin; Buckland, Michael (2016): From Fief to Clan: Boisot’s Information Space Model as a Documentary Theory for Cultural and Institutional Analysis. In: Proceedings from the Document Academy 3 (2). Online verfügbar unter http://ideaexchange.uakron.edu/docam/vol3/iss2/10.

[9] Boisot, Max; Canals, Agustí (2004): Data, information and knowledge: have we got it right? In: Journal of Evolutionary Economics 14 (1), S. 43-67. DOI: 10.1007/s00191-003-0181-9.

‚New Librarianship‘ in der Brandenburger Arbeitsgemeinschaft Information (BRAGI)

Gestern (23.11.2017) hatte ich das Vergnügen, das von mir herausgegebene und mitübersetzte Buch „Erwarten Sie mehr“ von David Lankes im BRAGI vorstellen zu dürfen. Es kamen recht viele Interessenten aus Berlin und Brandenburg und es gab eine rege Diskussion zur Zukunft der Bibliothek.

Gerade angeregt durch die kybernetische Conversation Theory von Gordon Pask, auf der David Lankes sein New Librarianship aufbaut, kam z.B. die Frage auf, ob nicht doch KI auch diese neuen Funktionen der Bibliothek wird übernehmen können und ob das window of opportunities nicht schon geschlossen ist. Ich habe zwar versucht, Optimismus zu verbreiten, aber auch andere Nachfragen z.B. zu der Möglichkeit, Unterhaltsträger und Personal von nicht quantifizierbaren gesellschaftlichen Effekten der Institution Bibliothek zu überzeugen, machten doch auch mich nachdenklich. Vor allem ist und bleibt die Frage der Verbesserung der Gesellschaft („improving society„) auch immer eine Frage der Entwicklung der Konzeptionen, die sie und ihre Communites vom Verbesserungsziel haben. Und konzeptionelle Arbeit erfordert eben auch ein Nachdenken darüber in einer von der aktuellen Praxis entlasteten Situation. Und die Ressourcen für dieses generating knowledge (ganz nach dem Mission Statement von Lankes) sind in unserer beschleunigen Welt der Digitalen Transformation kaum noch vorhanden. Dies gilt (IMHO) vor allem für die Bibliothekswissenschaft (in Forschung und Ausbildung).

Diversity

Entwicklung im Diversity Thema

Entwicklung im Diversity Thema

Als ich vor ca. 10 Jahren die Diplomarbeit von Wolfgang Kaiser betreute, war das Thema Diversity Management noch ziemlich in seinen Kinderschuhen. Einzelne andere Diplomarbeiten hatten teilweise aus Betroffenenperspektive schon untersucht, wie Migranten oder andere Minoritäten in Bibliotheken „behandelt“ wurden (nämlich nicht gut), aber eine konzeptuelle Managementlösung des Problems war bisher noch kaum angegangen worden. Lediglich unter dem Begriff der multikulturellen Bibliotheksarbeit war seit 2005 in Stuttgart von Katrin Sauermann über ein ähnliches Thema gearbeitet worden. 2016 erscheint nun der Sammelband von Kristin Futterlieb und Judith Probtsmeyer, der damit sogar beide Stränge verbindet: „Diversity Management und interkulturelle Arbeit in Bibliotheken“ (de Gruyter). Das Buch konstatiert mit einer gewissen Befriedigung, dass das Thema nun in deutschen Bibliotheken angekommen ist. Interessanterweise wird der Band eröffnet mit drei Potsdamer (bzw. ehemaligen) Beiträgen: einem Vorwort von mir (iv-xi, s.u.), einem Beitrag von Leyla Dewitz: „Diversitätsansätze und bibliothekarische Arbeit“ 15-24) sowie einem Text von Wolfgang Kaiser: „Perspektiven zum Erhalt der Zukunftsfähigkeit von Bibliotheken durch Diversity Mainstreaming“ (25-42). Die weitere Palette der Beiträge gibt einen guten breitgefächerten Überblick über die aktuellen Ansätze und Praktiken zu sozialer, demographischer, kultureller oder sexueller Diversität in Bibliotheken wie auch zum Thema Inklusion.

Für mich war der Sammelband Anlass für einen Beitrag aus theoretischer Perspektive: warum es eine zwingende Grundlegung für Bibliotheken ist, divers zu sein. Hier mein Beitrag in voller Länge, da ich denke, dass angesichts der aktuellen politischen Lage nicht oft genug auf die Rolle der Bibliotheken in der demokratischen Gesellschaft hinzuweisen ist:

Bibliothek und Diversität. Eine theoretische Annäherung:

Im Personalmanagement ist Diversität (diversity management) seit einiger Zeit eingeführt und in manchen Verwaltungen bereits allgemeine Vorgabe. Zumindest haben wir hoffentlich wegen des sog. demographischen Wandels und des drohenden Fachkräftemangels gelernt, dass intergenerationelle Diversität notwendig ist zur Kompetenzerhaltung der Organisation. Im Nutzerkontakt und allgemeinen Bestandsaufbau ist es ebenfalls Standard, dass interkulturelle Aspekte – und sei es nur durch Sprachkompetenz der Mitarbeiter – berücksichtigt werden. Kundenorientierung und strategisches Marketing gebieten ein passgenaues Eingehen auf die Bedürfnisse der Zielgruppe, und da Bibliotheken Kultur-, Bildungs-, und Informations- also sprachbasierte Dienstleistungen anbieten, sind also entsprechend der intendierten Zielgruppe auch „diverse“ Kompetenzen auf der Seite der Bibliothek erforderlich. Der überwiegend weibliche bibliothekarische Berufsstand kann sich hier ggf. an der Pädagogik orientieren, die ebenfalls nicht müde wird, männliche Erzieher für die Jungen zu fordern.  Continue reading