Es hat lange gebraucht und viele hatten schon immer wieder nachgefragt. Aber die Idee aus einem kurzen Handbuchartikel [1] ein ganzes Buch [2] zum Thema zu machen, erwies sich als schwieriger als gedacht. Vor allem neben einer Fachhochschulprofessur. Schon erste Recherchen zeigten mir, dass das Thema mitnichten das zentrale und alleinige Thema der Informationswissenschaft ist, sondern schon lange viele andere Disziplinen beschäftigt. Deshalb ging es nicht, „einfach“ nur die sehr multiplen Ergebnisse und Diskussionen der engeren Informationsverhaltensforschung zusammenzutragen (dazu gibt es schon genügend, wenn auch auf Englisch). Es wurde daraus der Versuch, die Transdisziplinarität der Informationswissenschaft ernst zu nehmen und soweit möglich, in anderen Feldern zu wildern. Einerseits um für die Informationswissenschaft den Blick zu öffnen, aber auch um andererseits Experten von außerhalb den Zugang zur Informationswissenschaft zu ermöglichen.
Es ist der Band 5 der Reihe: AGE OF ACCESS? GRUNDFRAGEN DER INFORMATIONSGESELLSCHAFT, die mittlerweile schon mit Band 14 zum Abschluss gekommen ist. Der Klappentext dazu beschreibt das Projekt:
Die verbreiteten Begriffe ›Informationsgesellschaft‹ und ›Age of Access‹ suggerieren die problemlose allseitige Zugänglichkeit von Information. Doch Information ist in der Realität in vielerlei Hinsicht unzugänglich – physisch, wirtschaftlich, intellektuell, sprachlich, politisch, technisch. Zudem entstehen täglich neue Techniken und Praktiken der Zugänglichmachung. Schließlich zeigen sich in verschiedenen Bereichen die Grenzen der Forderung nach Zugänglichkeit. Diese Buchreihe bringt Wissenschaftler und Praktiker verschiedenster Prägung zusammen, um die verschiedenen Dimensionen der Unzugänglichkeit von Information auszuloten sowie Prinzipien und Techniken ihrer praktischen und gesellschaftlichen Überwindung aufzuzeigen, aber auch notwendige Grenzen der Zugänglichkeit deutlich zu machen.
Als Beitrag für die Reihe entwickelte ich mein Buch, dessen Klappentext die Zielrichtung darstellt:
Das Verhältnis von Mensch und Information steht im Mittelpunkt vieler Wissenschaftsdisziplinen. Die Informationswissenschaften haben immer schon und in den letzten Jahrzehnten besonders intensiv untersucht, wie Menschen sich zu Informationen verhalten, sie suchen, finden und nutzen. Dennoch bleibt für diese Disziplin wie auch für Anthropologie, Erkenntnistheorie, Kognitionsforschung, Wirtschaftswissenschaft und Soziologie menschliches Informationsverhalten eine immer noch nicht gelöste Grund- frage. Dieser Band stellt erstmals für den deutschen Raum den aktuellen Kenntnisstand aus den unterschiedlichsten Perspektiven umfassend vor.
Es ist somit kein Kompendium zum „information behavior research„, sondern eher die Anlage eines Rhizoms, eines Steinbruchs, der Startpunkt für viele Fäden, die vielleicht ein neues Netzwerk bilden können. Das Buch kann linear gelesen werden (444 S.), es enthält aber vor allem eine Vielfalt an Zugängen mit zusammenfassenden „Kernsätzen“ zu den einzelnen Kapiteln, eine große Anzahl von internen und externen Verweisen sowie einem ausführlichen Register. Es kann als Einführung in die Informationswissenschaft gelesen werden, aber auch als Einkreisung des Themas „Information, Mensch, Gesellschaft“. Die Dauer der Bearbeitung wie auch die Vielfalt der aufgefächerten Fachdisziplinen bedeutet, dass jede/r Experte/in aus seinem/ihrem eigenen Gebiet Lücken oder Verkürzungen ausmachen wird, der Blick in die anderen Diskurse aber anregende neue Verknüpfungen ermöglicht. So zumindest die Hoffnung.
Am meisten hat mich persönlich der tiefe Blick in die Anthropologie und die Soziologie beschäftigt. Aber auch die Bearbeitung der wirtschaftswissenschaftlichen Grundfrage der Informationsasymmetrie oder der kognitionswissenschaftlichen Theorieentwicklung im Zusammenhang mit der KI Forschung am MIT war sehr spannend und hilfreich bei dem sich am Schluss schließenden Bogen der Informationsnutzung. Eine der faszinierendsten Erkenntnisse der Neurowissenschaft ist der Beleg dafür, dass menschliche Neugier, also die Suche nach Information, bzw. die Erwartung neue Information zu erreichen, Dopamin im Gehirn generiert und damit Information eine Droge ist.
Ich danke allen, die bewusst oder unbewusst beim Entstehen dieses Werkes, das der Herausgeber der Reihe André Schüller-Zwierlein magisterial nannte, mitgeholfen haben. Ich danke vor allem Freunden, Familie und Kollegen sowie dem Verlag und den Herausgebern der Reihe für die nicht nachlassende Geduld und das Vertrauen, dass das Buch erscheinen wird[3]. Ich hoffe, das Warten hat sich gelohnt.
[1] Informationsverhalten (Mensch und Information). In: Kuhlen, Rainer u.a. (Hgs.): Grundlagen der praktischen Information und Dokumentation. 6. Aufl., Berlin: de Gruyter, 2013. Kap. A9, S. 109-125. – DOI: 10.1515/9783110258264.109
[2] Informationsverhalten. Berlin: de Gruyter Saur, 2024 (Age of Access? Grundfragen der Informationsgesellschaft, 5). XIX+444 S. – DOI: 10.1515/9783110318463
[3] Das Buch ist am 21. Oktober 2024 erschienen. Die inhaltliche Bearbeitung war im Sommer 2023 abgeschlossen.