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BMBF Projekt erfolgreich abgeschlossen

Nach knapp drei Jahren mit wechselndem Personal und mehreren „Projektkindern“ kam diese Woche das BMBF FHprofUnt-Projekt „Datacreativity Tools for Innovation and Research“ zum erfolgreichen Abschluss. Wir haben mit wenigen Abstrichen das erreicht, was wir uns vorgenommen hatten. Zwar kommt es vielleicht nicht zu der konkreten Produktentwicklung, die der BMBF sich bei solchen Projekten wünscht, aber wir haben zumindest eine Patentanmeldung für unser Konzept zum „kreativen Ideenfinden in Datenbergen“ auf den Weg gebracht. (Übrigens eine interessante Erfahrung, so eine Patentanmeldung! (Vielen Dank an die Beteiligten.)

Kreativität durch Recherche von Nicht-Wissen

lautete das Motto des Abschlussworkshops des Projekts. Die Grundstruktur lässt sich folgendem Diagramm entnehmen:

DCT-prozessdiagramm

 

Eine Reihe von internationalen Publikationen erläutern unser Konzept (s. auf der Website), das neueren Kreativitätsforschungen folgt, und versucht, diese mit Datenrecherche zu verknüpfen. Der Kerngedanke ist dabei, dass neue Ideen vorwiegend durch Grenzüberschreitungen kommen, weshalb es uns wichtig war, in dem Interface Recherchemöglichkeiten ihn verschiedensten Daten- und Informationsquellen zu kombinieren.

Der ursprüngliche Ansatz ggf. durch Browsing in visualisierten Ontologiestrukturen zu stöbern und so Ideenfindung zu ermöglichen, scheiterte an der Komplexität der notwendigen Ontologien zu den zugrundeliegenden Datenquellen und an der Tatsache, dass uns die entsprechenden Experten zur Visualisierung und zu Fragen semantischer Technologien im Projekt fehlten. (Das Projekt war ja in meiner Zeit als Dekan an den Fachbereich geholt worden, mit dem Ziel, diesen Schwerpunkt des Fachbereichs auch mit Forschung zu unterlegen – das hat aber aus verschiedenen Gründen personell nicht geklappt.) Statt Onotologieentwicklung wurde nun Kreativitätsforschung und der Einsatz von Webservices und RDF Strukturen zum konzeptionellen Kern des Projektes.

Im Rahmen der Abschlussarbeiten des Projekte wurden auch noch mehrere Nutzungs- und Nutzertests durchgeführt, bei denen recht allgemein (und damit vielleicht nicht validierbar genug) herauskam, dass das System funktioniert.

Es bleibt vor allem den kompetenten Projektmitarbeitern Lars Müller und Thomas Wetzel für die disziplinierte und engagierte Projektarbeit zu danken und ihnen alles Gute zu wünschen! Es hat viel Spaß gemacht. Schade, dass Drittmittelprojekte immer so kurz finanziert sind, was könnte man nicht alles noch zusammen machen…

Dank für die anregende Zeit geht auch an die weiteren Projektbeteiligten, wie Judith Pfeffing (unsere SCRUM Masterin zu Anfang), an unsere stud. und wiss. Hilfskräfte Christoph Höwekamp, Christoph Szepanski und Björn Lindequist – ohne sie wären wir nie so weit gekommen. Und natürlich an unsere Kooperationspartner: Thomas Schrader (Charité/FH Brandenburg), Danilo Schmidt (Charité), Carsten Becker (GIB), Kawa Nazemi (FhG IGD) u.v.a.m. sowie nicht zuletzt an unsere Testprobanden und letztlich natürlich an die verschiedenen Projektträger des BMBF und unsere Hochschulverwaltung Frau Diana Deponte.

Führender Wirtschaftswissenschaftler sieht neue Aufgaben für Bibliotheken

Foto: Volkmar Schulz / Keystone Presse (via Tagesspiegel)

Foto: Volkmar Schulz / Keystone Presse (via Tagesspiegel)

Gert Wagner, einer der prominentesten Wirtschaftswissenschaftler in Deutschland, berichtet heute im Tagesspiegel von den jüngsten Entwicklungen im Wissenschaftsbetrieb, die Tony Hey u.a. (2009) als das „Vierte Paradigma“ beschrieben hatten: die zunehmende Datenlastigkeit der Wissenschaft (vgl. die I-Science Tage in Potsdam, wo er Keynote Speaker war). Er beklagt dabei vor allem, dass die Erzeugung und das Management von Forschungsdaten den Wissenschaftlern zu wenig Reputation bringt und deshalb allgemein vernachlässigt wird. Vor allem in den Geistes- und Sozialwissenschaften wird zudem auf Notlösungen bei der Erhebung von auf menschliches Verhalten bezogenen Daten zurückgegriffen, weil hier die notwendige, kostspielige Infrastruktur allgemein fehlt. So werden vielfach Analysen mit amerikanischen Collegestudenten als Probanden gemacht und diese für weltweit repräsentativ erklärt.

Interessant ist aber auch, dass Wagner deutlich im Datenmanagement eine erklärte Aufgabe für Bibliotheken sieht, ohne jedoch  Konsequenzen z.B. für die Ausbildung oder die Bibliothekswissenschaft zu fordern.

Vgl. dazu unseren (Pampel/Bertelmann/Hobohm 2009)-Beitrag als Sonderausgabe des Rates für Sozial- und Wirtschaftsdaten (RatSWD), in dem wir schon auf die Notwendigkeit von curricularen Anpassungen hinwiesen:

„Data Librarianship“ – Rollen, Aufgabe, Kompetenzen. RatSWD Working Paper 144, Mai 2010

Ein paar Ausschnitte aus dem Tagesspiegel-Artikel:

Wenn Forschungsdaten, wie zum Beispiel Daten über das Klima in Vergangenheit und Gegenwart, über die historische Sozialstruktur oder über Entwicklungsverläufe von Babys bis zu Menschen in der letzten Phase ihres Lebens aus der Mitte der Forschung heraus produziert und archiviert werden sollen, dann muss es entsprechende Anreize für Wissenschaftler/innen geben. Von zentraler forschungsstrategischer Bedeutung ist daher die Anerkennung der Datenproduktion, der Archivierung und des Zugangs (data sharing) als eigenständige Leistungen innerhalb des Wissenschaftssystems.

Aber nicht nur die Anreize für Archivierung und Zur-Verfügung-Stellung müssen verbessert werden, sondern auch das „Sammeln“ und die Produktion von Daten müssen innerhalb des akademischen Elfenbeinturms besser belohnt werden.

Die Allianz [der deutschen Wissenschaftsorganisationen] betont zu Recht, dass die „Conditio sine qua non für den Erfolg die enge Kooperation zwischen Fachwissenschaftlern und Informationsdienstleistern ist“. Dabei wachsen auch Fachbibliotheken ganz neue Aufgaben zu. Während das Beschaffen von Büchern und Zeitschriftenaufsätzen mehr und mehr mithilfe elektronischer Kopien direkt von Wissenschaftlern selbst erledigt wird, können Bibliotheken beim nutzerfreundlichen Dokumentieren und Auffinden von Forschungsdaten ganz außerordentlich helfen. Zudem sind Bibliotheken weltweit vernetzt.