Ende der Fernweiterbildung Bibliothekswissenschaft an der FH Potsdam (R.I.P.)

Letztes Teamphoto der Fernweiterbildung Potsdam

Nach fünfzehn Jahren erfolgreicher Weiterbildung für Fachangestellte und Bibliotheksassistenten zur Höherqualifizierung auf dem gehobenen Dienst (Bachelor) wurde nun die Entscheidung getroffen, den schon in den Startlöchern scharrenden fünfzehnten Kurs abzusagen. Die „Fernweiterbildung„, eine bibliothekarische Marke und vielleicht sogar Wortschöpfung der FH-Potsdam, ist damit Geschichte.

Ich persönlich finde das sehr schade, zumal auch deutschlandweit die Bewerberzahlen für ein klassisches bibliothekarisches Direktstudium zurückgehen, während der interne berufliche Weiterbildungsdruck angesichts des digitalen Wandels und des Mangels an qualifizierten Absolventen eines bibliotheksaffinen Studiums enorm steigt.

Aber wie auch an anderen Standorten der bibliothekarischen Ausbildung steigen die von den sie tragenden Einrichtungen aktuell geforderten Einnahmen und Gemeinkostenabgaben exorbitant. Dies mag auf dem Masterlevel noch durchaus umlegbar sein auf die Bewerber, aber Bibliothekar:innen des mittleren öffentlichen Dienstes ist eine reale Anpassung an die durch die „EU Dienstleistungsrichtlinie“ (bzw. durch deren deutsche Überinterpretation) verursachte Erhöhung der hochschulinternen Umlagen nicht zuzumuten. Begründet wird diese interne Kostenerhöhung mit der Gewährleistung einer „Marktfähigkeit“ und der Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen durch (die sich selbst ausbeutenden) öffentlichen Einrichtungen. Auch Weiterbildung sei ein Markt. Unser Argument, dass es sich bei unserer Vorbereitung auf sehr konkrete akademische Abschlüsse um nicht eine marktfähige, weil genuin hochschulische Aufgabe handelt, wurde nie gehört oder verstanden.

Trotz aller Sonntagsreden, wie wichtig in unserer alternden Gesellschaft Weiterbildung ist, gilt diese nicht als sog. „hoheitliche Aufgabe“ von Hochschulen. Trotz aller Appelle an die Hochschulen doch auch der third mission (neben Forschung und Lehre auch dem gesellschaftlichen Engagement) nachzukommen, wird genau dies durch steuer- und verwaltungstechnische Regelungen verhindert. Trotz aller Appelle von Politik und Legislative z.B. in Neugestaltungen von Hochschulgesetzen (aktuell Berlin) durchlässiger, den akademischen Aufstieg zu ermöglichen, wird genau dies durch Bürokratie verhindert. Trotz unserer eigenen Forschung, die belegen konnte, dass ein praxisinternes Studium dem Direktstudiumsmodus vorzuziehen sei, gibt es andere Prioritäten und Indikatoren als die Förderung von Berufspraxis und demokratischer Gesellschaft.

In Potsdam konnten wir vor Jahren noch starten unter Nutzung einer sog. im brandenburgischen Hochschulgesetz verankerten „Externenprüfung“. Dieser Paragraph wurde, obwohl er die beste Möglichkeit zur Erhöhung der Durchlässigkeit geboten hat, in den letzten Novellierungen schon seit einiger Zeit abgeschafft. Mit internen komplizierten Regelungen in Kooperation mit dem Prüfungsausschuss und dem Prüfungsamt konnten wir das langjährige Modell der Fernweiterbildung bis jetzt noch weiterführen.

Leider habe ich es in den fünfzehn Jahren der Leitung der bibliothekarischen Fernweiterbildung nicht geschafft, Allianzen zu finden, für eine Arbeitsmarkt und Kompetenz orientierte Aus- und Weiterbildung für zukünftige Mitarbeiter:innen von Bibliotheken. Das scheint strukturell bedingt, wie man aktuell öfter in Password lesen kann oder wie wir selbst bei der Abschaffung des Studiengangs Dokumentation hier am Fachbereich Informationswissenschaften in Potsdam schon erfahren haben (zum Zeitpunkt des „Document Return“ in anderen Ländern).

Zum Glück geschieht dies in meinem Fall erst jetzt – nach meiner Pensionierung.

4 thoughts on “Ende der Fernweiterbildung Bibliothekswissenschaft an der FH Potsdam (R.I.P.)

  1. Prof. Hacker

    Das ist eine sehr bedauerliche und kurzsichtige Entscheidung, die künftiger Personalentwicklung in Bibliotheken und anderen Informationseinrichtungen noch mehr Steine in den Weg legt als der nun schon allseits erkannte demographisch bedingte Fachkräftemangel bereithält. Eine gravierende Fehlentscheidung für die gesamte LIS-Studienlandschaft in Deutschland!

  2. chris

    Als „nicht FaMI“ bzw. Bibliothekar, hatte man da Zugang?
    Zum Beispiel : als IHK „Kaufmann“

    nicht dass ich es nicht schade find! im gegenteil.

    gruß

    chris

  3. Hans-Christoph Hobohm Post author

    Da es sich um eine Vorbereitung auf einen akademischen Abschluss handelte, war wie in vielen anderen Hochschulgesetzen auch, die Voraussetzung zur Teilnahme der Nachweis einer einschlägigen Berufsausbildung und andauernde entsprechende Praxis: also im Bibliotheks- und Informationswesen. IHKs bieten teilweise auch eine Ausbildung zu einem Fachwirt im Informations- und Medienbereich, der aber nicht 100% als Aufstiegsvoraussetzung im Öffentlichen Dienst anerkannt wird, gerade weil die einschlägige Praxis fehlt.

  4. Heike Richter

    Mich stimmt das wirklich traurig, nicht nur weil gerade eine Kollegin an dieser Weiterbildung teilnimmt und ich jetzt befürchte, dass es blöd für sie endet. Ich habe bereits eine andere Kollegin dort ihren Abschluss machen sehen aus unserem Team und die nächste Kollegin steht schon in den Startlöchern. Ich bin ein großer Fan von dualen Studiengängen, da die Praxis eine gute Basis ist für die Studierenden und für uns als Bibliothek die Kollegin gute Impulse mitbringt. Das ist bitter für unser Bundesland Brandenburg.

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