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Erwarten Sie mehr … auch von Universitätsbibliotheken – Inspired by Lankes

Erwarten Sie mehr!
Aktuelle Trends in Universitätsbibliotheken

Gastbeitrag von Dr. Erdmute Lapp, Universitätsbibliothek Bochum *)

Die Direktorin der Universitätsbibliothek der Ruhr-Universität Bochum, Dr. Erdmute Lapp.

Dr. Erdmute Lapp

 

Der Titel „Erwarten Sie mehr!“ spielt auf das gleichnamige Buch des Kollegen David Lankes an, das ich zusammen mit dem Journalisten Willi Bredemeier aus dem Amerikanischen übersetzt habe und das die Zeitschrift für Information Professionals, Open Password, zur Publikation des Jahres 2017 gewählt hat.

 

 

0. Einführung: Die klassischen Bibliotheksdienste im digitalen Wandel (Informationsversorgung, Recherche, Benutzung)

Nach wie vor besteht eine zentrale Aufgabe von Universitätsbibliotheken in der Versorgung mit Informationen für Forschung, Lehre und Studium. In der digitalen Welt verändert sich aber die Art, wie diese Informationsversorgung erfolgt. Früher waren die Fachreferenten der UB hauptsächlich mit dem Bucherwerb beschäftigt, heute bestellen wir über Warenkorbsysteme direkt, die Vorakzession gibt es nicht mehr, und die Fachreferenten verwenden Zeit für die Kommunikation mit den Wissenschaftlern. Die Benutzer wollen lange Öffnungszeiten der Bibliothek und möglichst viel Selbstbedienung. Mittlerweile haben die meisten Bibliotheken die RFID-Technologie eingeführt, die ermöglicht, dass die Bücher bei der Rückgabe nach der Ausleihe automatisch sortiert werden. (In der UB Bochum ist das Sortierkriterium die Etage, auf die sie zurückgeräumt werden müssen.)

Elektronische Informationen machen einen immer größeren Teil unserer Erwerbungen aus. Wir stellen immer mehr Datenbanken bereit. (Bibliographische Werkzeuge wie z.B. der SCI in gedruckter Form waren ohnehin nicht attraktiv.) Wir haben mittlerweile fast die gesamte Zeitschriftenversorgung auf e-only umgestellt. Zuletzt haben auch e-books geschafft, eine hohe Akzeptanz bei den Benutzern zu erreichen. Dabei hat sich schnell gezeigt, dass es nicht sinnvoll ist, die elektronischen Quellen einfach hinzustellen. Vielmehr müssen sie von einer Reihe von Dienstleistungen begleitet werden. Zunächst ist das die Vermittlung von Informationskompetenz. Und hier haben wir schnell verstanden, dass wir eine Chance erhalten haben, die zuvor nicht bestand, nämlich den Entstehungsprozess neuen Wissens zu begleiten und zu unterstützen. Natürlich haben Wissenschaftler ihre Forschungsfragen auch in früheren Zeiten mit Bibliothekaren und auch mit Buchhändlern diskutiert, aber die Möglichkeit, die Literatursuche unterstützend zu begleiten und die Kollaboration der Wissenschaftler untereinander zu fördern, ist in der digitalen Welt von einer neuen Qualität. Die Leichtigkeit, mit der man im Internet Informationen findet, hat Druck auf uns ausgeübt, die Suche einfacher zu machen statt von den Studierenden und Forschern zu verlangen, dass sie sich mit unseren Informationsrecherche- und Informationsbeschaffungswegen befassen.

Wir stellen Discovery-Systeme zu Verfügung, die ermöglichen, dass gedruckte und elektronische Ressourcen sowie Bücher und Zeitschriftenartikel gleichzeitig durchsucht werden. (Vor der Zeit der Discovery-Systeme konnten Zeitschriftenartikel nur über den Titel der Zeitschrift in unseren Katalogen gefunden werden und den Benutzern war schwer zu vermitteln, dass sie Zeitschriftenaufsätze nicht ebenso wie Buchtitel suchen konnten.) Außerdem werden nicht nur unsere eigenen Bestände durchsucht. Vielmehr wird die Bibliothek auf der Basis umfassender Indizes, die durchsucht werden, zum Gateway zu dem gesamten Wissen der Fachcommunity. Wir bieten linkauflösende Software an, mit deren Hilfe man direkt aus der Suche auf den Katalogeintrag eines gedruckten Buches oder auf den elektronischen Volltext springen kann, wenn er zur Verfügung steht. Die Recherchewelt hat sich grundlegend verändert und ihr Potential noch längst nicht ausgeschöpft. Zunehmend wird nicht nur nach bibliographischen Angaben/Volltexten gesucht, sondern auch nach Forschungsdaten, Bildern, Filmen, Sourcecodes und anderen Quellen. Je weiter die digitale Welt sich entwickelt, desto mehr steigen die Erwartungen, dass der Informationszugriff aus den Umgebungen und von den Endgeräten und in dem Workflow möglich ist, an die die Benutzer gewöhnt sind.

Wir arbeiten an Herausforderungen, die in viel höherem Maße den ständigen Aufbau neuer Dienstleistungen und ihre Verbesserung, die Zusammenarbeit mit neuen Partnern, den Aufbau neuer Infrastrukturen sowie das Denken und die Zusammenarbeit in Netzwerken, außerdem Internationalität und fachliche Fortbildung erfordern, als es lange Zeit in unserer Branche der Fall war. Wir denken und agieren anders als die Generation vor uns.

Voraussetzung dafür, dass Universitätsbibliotheken auch in der digitalen Welt erfolgreich sind, ist, dass wir eine ausreichende Personal- und Sachmittelausstattung erhalten. Dafür zu kämpfen, war und ist nicht immer einfach, weil das alte Paradigma in den Köpfen der Bibliothekare und ihrer Stakeholder noch nicht völlig vergangen ist. (Die digitale Welt erfordert einen ganz anderen Typ Bibliothekar. Allerdings ist eine UB, die nur eine große Bücherkiste ist und nicht Mittel für vielfältige Aufgaben fordert, bequemer als eine, die ständig neue Anträge stellt.)

Nun zu einigen weiteren Bereichen, in denen moderne Universitätsbibliotheken aktiv sind.

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