OCLC Studie zu Social Networking – Vorveröffentlichung

CBPQ-Konferenz- Vortrag Daniel Boivin

Wie versprochen mehr von der CBPQ-Konferenz in Québec. Wohl das Spannendste war ein Vortrag eines OCLC Vertreters, Daniel Boivin, der erste Ergebnisse aus der neuen OCLC Studie vortrug. „Frisch ins Französische übersetzt“. Leider ist sein Vortrag (noch?) nicht in den „actes du congrès“ enthalten. Ich habe seine Folien photographiert, aber damit bleiben sie auf Französisch. Vielleicht ein paar Highlights in einer Weiterübersetzung….

Wesentliches Thema der neuen Studie ist die Frage, ob Social Networking nur ein vorrübergehendes Phänomen ist und ob Bibliotheken sich diesem widmen sollten und wenn ja wie. Begleitende Frage ist, wieviel Vertrauen die Nutzer bzw. die Bibliothekare den neuen Funktionen des Webs entgegenbringen. Dazu gibt es auf der Startseite des Reports auch schon 5 spannende kleine Filme mit Aussagen der Interviewten in der Studie (leider wieder nur mit IE anschaubar.).

Wichtig ist aber vor allem auch, dass die Erhebung diesmal wieder wirklich global war: in den Ländern Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Niederlande, Japan, Kanada, USA wurden jeweils relativ große Repräsentativbefragungen durchgeführt (N= 800 bis 1800 jeweils). So sind also in erster Linie die internationalen Vergleiche interessant. Z.B. die Frage: „Haben Sie in den letzten 12 Monaten eine Bibliothek besucht (vor Ort oder online)?“
Darauf antworten weltweit insgesamt 27% mit „nein – aber früher„, in den USA 28%, in Kanada 31%, in Großbritannien 35%, in Frankreich 23%, in Japan 18% und in Deutschland 35%. Überhaupt nie in eine Bibliothek gekommen sind insgesamt 17%, in den USA 7%, in Kanada 10%, in Großbritannien 11% in Frankreich 29%, in Japan 40% und in Deutschland 22%. In beiden Fällen schneidet Deutschland also schlecht ab. Vor allem scheint gerade im letzten Jahr ein besonderer Rückgang an Bibliotheksbesuchern zu verzeichnen zu sein.

Haben Sie in den letzten 12 Monaten eine Bibliothek besucht (vor Ort oder online)?

Auch die Frage nach der „Library Card“ ist recht deutlich. in Frankreich und Deutschland gibt es die wenigsten „oui“ (grün) in allen Altersgruppen.

Haben Sie einen gültigen Bibliotheksausweis?

Das Hauptziel der Studie war die Frage, wieviel Vertrauen die Nutzer dem Web und seinen Diensten geben, wem sie überhaupt persönliche Informationen preisgeben würden. Hier überrascht der internationale Vergleich, hätte ich aus persönlichen Erfahrungen genau das Gegenteil erwartet: die Deutschen sind freigiebiger mit persönlichen Informationen als andere Länder. Allerdings handelt es sich bei dieser spezifischen Fragestellung um die Frage, welche Informationen aus dem Bibliothekskontext man mit wem teilen würde. Vielleicht glauben die Deutschen hier doch auch noch an den vertrauenswürdigen Bibliotheksbeamten… Im Schnitt würden 36% aller Befragten überhaupt keinem mitteilen wollen, was sie in der Bibliothek ausgeliehen haben. Deutsche würden dies nur zu 22% für sich behalten wollen. Hieran anknüpfend stellt sich die Frage nach der Nutzung von Recommending Diensten in Deutschland und anderswo. Angesichts dieser Zahlen verwundert, dass man in Deutschand davon weniger sieht als im Ausland.

Mit wem würden Sie Informationen über die von Ihnen entliehenen Bücher teilen?

Naturgemäß wird die Frage nach dem Vertrauen in Webdienste sehr detailliert abgefragt (so sehr, dass die Folien schwer les- und übersetzbar sind). Grundtenor ist allerdings stets, dass Bibliothekare weitaus vorsichtiger im Umgang mit Ihren persönlichen Daten und ängstlich im bezug auf die Nutzung von Web2.0-Angebote sind, die persönliche Daten verlangen. Die Zurückhaltung hat etwas mit dem Alter der Bibliothekare zu tun, aber auch mit der Erfahrung mit den Diensten selbst. Besonders wenig Erfahrung besteht im Bereich Chat und Instant Messaging, aber die passive Nutzung von Web2.0 Diensten durch Bibliothekare ist doch schon relativ weit verbreitet.

Online Aktivitäten von Bibliothekaren 1

Online Aktivitäten von Bibliothekaren 2

Online Aktivitäten von Bibliothekaren im Vergleich

Wichtige Frage, die nach einer Flut von Zahlen und Folien im Raum stand: soll die Bibliothek eine aktive Rolle übernehmen beim Angebot von Sozialen Netzwerken oder nicht. Ca. 50% der Befragten (USA, Kanada, Bibliothekare) sind sich sicher, dass sie dies nicht sollte. Nur 10-15% würden dies befürworten. Der Referent von OCLC konnte noch so viel Enthusiasmus aufbringen, und noch so sehr an Kundenorientierung appellieren, auch die anwesenden Bibliothekare auf der Konferenz der frankokanadischen Bibliotheksvereinigung konnten ihm ebenfalls mehrheitlich nicht folgen – trotz der authentischen Berichte von Webnutzern, die hierin eine Bereicherung für ihr Leben sehen.

Die Rolle der Bibliothek im Social Networking?

Und schließlich wurde die Frage gestellt, die auch schon die anderen OCLC Studien prägte: Was fällt Ihnen als erstes in Verbindung mit dem Wort Bibliothek ein? Books, just books.

Was fällt Ihnen ein, wenn Sie an Bibliothek denken?

Ich würde mit Daniel Boivin sagen, dass die Frage im Grunde falsch gestellt ist, bzw. dass es gilt, genau hier etwas zu ändern, wenn Bibliotheken relevant im Leben ihrer bisherigen Nutzer bleiben wollen. Oder wie es ein Unternehmensberater bei einem Berufungsvortrag an der FH Potsdam unlängst sagte: es gibt nur zwei Arten von Organisationen, die die überleben und die anderen.

2 thoughts on “OCLC Studie zu Social Networking – Vorveröffentlichung

  1. jintan

    Herr Hobohm, errinern Sie noch den Eröffnungsvortrag in Prag beim Bobcatsss, der Referent sagte auch die zwei Arten von Unternehmen:

    There are two kinds of companies:
    those who change and
    those who disappear

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