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Bibcamp in Potsdam und Berlin

Bibcamp im FHP Schaufenster

Erste bibliothekarische Unkonferenz in Deutschland im Schaufenster der Fachhochschule Potsdam!

Die zweite Inetbib-Tagung war vor 10 Jahren in Potsdam. Damals war das „Internet in Bibliotheken“ und deren Mailinglisten noch recht revolutionär. An diesem Wochenende fand in Potsdam die erste Unkonferenz statt zum Thema Web2.0 in Bibliotheken. Vom Thema her gesehen auch wieder mit der gleichen Verspätung: in der Außenwelt ist es längst schon nicht mehr hype.

Die Tagung machte aber auch deutlich, dass die jungen und alten Wilden der Bibliothek2.0 Bewegung, den Paradigmenwechsel doch schon weitergehend verstehen: es dreht sich nicht bloß um eine neue Technik, sondern ganz einfach um einen fundamentalen gesellschaftlichen Wandel. Neben technischen Details wurde deshalb vorwiegend diskutiert, wie die Informationsinfrastruktur, die die Bibliotheken mit Steuergeldern aufrecht erhalten, den aktuellen Nutzergewohnheiten angepasst werden können. Hauptproblem scheinen die starren bürokratischen Verkrustungen in Deutschland zu sein: die passen ganz und gar nicht zu der neuen Welt der multiplen spielerischen Möglichkeiten des Web2.0.

Ca. 80 bis 100 „Innovatoren“ der Bibliotheks- und IT-Welt trafen sich in Potsdam am Freitag und debattierten am Samstag in der HU Berlin weiter. Ein paar Bilder davon haben Dierk Eichel und ich geschossen; vielleicht gibt es auch einen Film. Mehr dazu auf bibcamp.de und in den News des Fachbereichs Informationswissenschaften der FHP.

Social Software immer noch Hype

Ich hatte gestern das Vergnügen, mal wieder einen Vortrag zu halten über „neue Informationsarbeit“ und konnte dabei versuchen, Begeisterung für die schöne neue Welt zu wecken. PatrickD hatte dies im gleichen Kreis schon vorher versucht, war aber offensichtlich nicht nur auf Gegenliebe gestoßen. Ich habe es natürlich theoretischer verpackt (denke ich) und hatte den Eindruck, dass die Lektion „es handelt sich um einen ganz grundlegenden Wandel der Welt“ angekommen ist. Lösungen kann ich aber auch nicht bieten: nur den Anstoß, es doch auch mal zu versuchen… In der Diskussion des Librarian2.0 Manifesto kam dann wirklich auch der Wille zum Ausdruck, es doch einmal auszuprobieren.

Mir fällt dabei auf, dass die Jaron Lanier Debatte ja immer noch gilt – vielleicht sogar noch mehr angesichts von Projekten wie LinkingOpenData. In der Diskussion kam ich dann auch ganz schnell auf die Potenzkurve und die Schwarmintelligenz und die Frage, wie wertvoll diese für den Menschen sei. Warum vertrauen nur alle Wikipedia und Google als Informationsquelle? Warum nicht mehr der eigenen Intuition oder dem Kollegen? Passend dazu das Titelblatt DER ZEIT von dieser Woche:

Maschine Bibliothek

Die Welt von vorgestern und die Berliner Morgenpost von gestern sind begeistert über die Einführung der Selbstbedienung in Bibliotheken. Ausgerechnet Marzahn-Hellersdorf ist der Berliner „Pilotbezirk“ zur Einführung von RFID „bis 2013“.

Kulturstadtrat Stefan Komoß (SPD): „Mit diesen neuen Stationen wollen wir unsere Bibliotheken kostengünstiger machen und dem eigentlichen Service wie qualifizierte Beratung der Nutzer viel besser nachkommen.“

Interessant ist an der Meldung – neben dem Bildaufmacher – vor allem, dass dies immer noch als so wichtig empfunden werden kann, dass sogar überregionale Zeitungen dazu Stellung nehmen. Der Tenor hätte eher sein sollen:

Im RFID-Konzept des Senats steht, dass für 2009 bis 2013 EU-Mittel im Rahmen des Förderprogramms „Innovation in Bibliotheken“ beantragt worden sind. Berlin steht unter Zeitdruck, kommt doch der gerade veröffentlichte Bibliotheks-Jahresbericht 2006 zu der Erkenntnis: Von den Bemühungen, Berlin an bundesweit erreichte Leistungs- und Ausstattungsstandards heranzuführen, sei man genau so weit entfernt wie vor Jahren, heißt es.

Bei dem Artikeltitel „Maschinen ersetzen Bibliothekare“ habe ich natürlich zunächst an andere Maschinen gedacht… Das zeigt nur wie wenig Bibliotheken mittlerweile in Deutschland bekannt sind.

Aber 2013 ist noch lange hin.