Geisteswissenschaftliche Positionen zur „digitalen Wissensrevolution“

Das geschichtswissenschaftliche Online Journal Zeitenblicke befasst sich in der letzten Ausgabe mit der neuen Praxis digitaler Medien in den und für die Geisteswissenschaften.

Das Stichwort ‚Medien‘ hat viele Facetten. Neben der theoretischen Reflexion über die Entwicklung moderner Mediengesellschaften und die Folgen des medialen Umbruchs hat sich in den vergangenen Jahren ein ganz praktischer Umgang mit den digitalen Medien entwickelt, der für unsere traditionellen geisteswissenschaftlichen Produktions- und Rezeptionsgewohnheiten nicht ohne Folgen geblieben ist.

Neben einem (nicht ganz so überzeugenden) Interview mit dem Bielefelder Wissenschaftssoziologen Peter Weingart und einer Reihe von sehr lesenswerten Analysen, enthält die Ausgabe auch Berichte zu aktuellen Projekten, wie z.B. die folgenden drei, die hier besonders interessieren können:

  • Heike Neuroth / Ralf Stockmann: Kooperative Arbeitsprozesse in Digitalen Bibliotheken am Beispiel des deutsch-russischen Projektes RusDML
  • Susanne Kurz: Evaluierung des bisherigen Verlaufs des Förderschwerpunktes „Retrospektive Digitalisierung von Bibliotheksbeständen“
  • Henning Lobin / Claus Leggewie: Der Projektverbund „Interne Wissenschaftskommunikation über digitale Medien“ am Zentrum für Medien und Interaktivität, Justus-Liebig-Universität Gießen

Von den medienwissenschaftlchen Beiträgen seien hervorgehoben:

  • Michael Schetsche: Die digitale Wissensrevolution – Netzwerkmedien, kultureller Wandel und die neue soziale Wirklichkeit
  • Ulrich Riehm: Elektronisches Publizieren revisited! Anmerkungen zur Verbreitung elektronischer Publikationen, zur Konkurrenz gedruckter und elektronischer Medien sowie zu den strukturellen Veränderungen im Publikationswesen
  • Thomas Stöber: Der Wandel in der wissenschaftlichen Informationsvermittlung: das Beispiel Google Book Search
  • Jakob Voß: Was Wikipedia und die Wissenschaft voneinander lernen können
  • Irmela Schneider: Konzepte von Autorschaft im Übergang von der ‚Gutenberg-‚ zur ‚Turing-Galaxis‘
  • Stefan Haas: Vom Schreiben in Bildern. Visualität, Narrativität und digitale Medien in den historischen Wissenschaften

Die Texte gehen auf eine Tagung im März 2006 in Köln zurück. Insgesamt nicht nur ein gelungenes Beispiel einer wissenschaftlichen Online Zeitschrift, sondern vor allem auch wirklich wichtige Beiträge zur Diskussion um die „digitale Wissensrevolution“. Gerade in Zeiten des Umbruchs tut genaue Reflexion not. Die Geisteswissenschaftler sind zwar manchmal etwas langsamer, dafür aber intensiver 😉 .

In diesem Zusammenhang sei auf die wunderbare Ausgabe 5,2006 von LIBREAS hingewiesen, die eben falls eher von geisteswissenschaftlicher Seite her das Thema Bibliothekskultur behandelt. (Leider auf der Titelseite falsch verlinkt.) Hier sei vor allem auf die Beiträge von Uwe Jochum und von Claudia Schölders hingewiesen.