Jean Philippe Toussaint im Literarischen Colloquium in Berlin

Jean-Philippe Toussaint im LCB (Mitte sitzend)

Jean-Philippe Toussaint im LCB (Mitte sitzend)

Ein Wiedersehen nach 25 Jahren: 1988 hatte ich die Ehre, Jean-Philippe Toussaint („Das Badezimmer“), den nun recht berühmten, aber damals gerade erst entdeckten französischen Autor der Post-Nouveau-Roman Szene Frankreichs, nach Stuttgart zu einer Lesung ins Institut Français einzuladen. Dazu gab es dann auch ein Radio-Interview, in dem ich ihn im SWR vorstellen konnte. Es war eine meiner ersten Aktivitäten als Wissenschaftler in meiner ersten Anstellung am Institut für Literaturwissenschaft der Uni Stuttgart. Die zweite Aktion war übrigens die Einladung von Gérard Genette („Paratext“) nach Stuttgart.

In der Reihe „Wiedereinladungen“ war Toussaint gestern zum 50 jährigen Jubiläum des Literarischen Colloquiums (LCB) in Berlin, weil  er dort schon mehrfach Gast war.

Er stellte sein neues Buch (in deutscher Übersetzung von Joachim Unseld) vor: „Urgence et Patience“ („Die Geduld und die Dringlichkeit“ FVA 2012). Es ist sein erstes nicht-belletristisches Buch, eine Art Poetik und Reflexion zum Prozess des Schreibens und der literarischen Kreativität. U. a. zeigte er Ausschnitte aus einem Projekt, dass er letztes Jahr im Louvre durchführen konnte rund um das Thema Lesen und Buch. Ein wichtiger Punkt für ihn war die Hirnforschung der letzten Jahre, die ihn so sehr beeindruckte, dass er im Selbstexperiment dazu eine Performance veranstaltete. (vgl.: http://livre-louvre.arte.tv/2012/05/31/jean-philippe-toussaint/)

Interessant ist, dass er versucht mit „Urgence et Patience“ im Grunde die klassische Ablehnung der „Inspiration“ durch den Nouveau Roman zu relativieren: nicht nur Arbeit schafft Kreativität, gerade die Spannung zwischen Dringlichkeit („Urgence“) als Druck und Dauer der Arbeit (Patience) erzeugt dann doch so etwas wie Inspiriertheit im Schaffen.

Dies lässt sich m.E. auch auf den wissenschaftlichen Schreibprozess übertragen.

Das Literarische Colloquium Berlin gestern Abend: "Arkadien"

Das Literarische Colloquium Berlin gestern Abend: „Arkadien“