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Potsdam prominent in der Fachzeitschrift „Information. Wissenschaft und Praxis“

IWP Cover Die renommierte Fachzeitschrift der Informationswissenschaft in Deutschland „IWP“ (die einzige, die im ISI Citation Index erfasst wird) hat es sich zu einer schönen Tradition gemacht, die wenigen verbliebenen informationswissenschaftlichen Standorte in dedizierten Themenheften vorzustellen. Unlängst kamen Düsseldorf und Hildesheim sehr schön zu Wort mit sehr aufschlussreichen und wissenschaftlich hochwertigen Artikeln.

Der kleine Potsdamer Fachbereich hatte dies bisher noch nicht geschafft. Die jetztige Ausgabe 62(2011)5 hat es dennoch unfreiwillig dazu gebracht, dass Potsdam im Zentrum der Diskussion steht, ohne ein Themenheft zu sein. Schon im Editorial „Tot-Schweigen der Dokumentation“ bescheibt Marlies Ockenfeld sehr schön, wie es dazu kam, dass wir nunmehr über das Wort „Dokumentation“ und sogar über Studiengang und Berufsfeld streiten müssen. Unter dem Titel „Studienreform an der FH Potsdam“ wird sodann auch ein langes Gruppeninterview dokumentiert (S.243-250), das der DGI Vorstand und die IWP mit Vertretern des Fachbereichs geführt hat, um zu erfahren, was die Beweggründe waren, den Studiengang „Information und Dokumentation“ in Potsdam zu schließen und wie die Zukunftsoptionen sind.

Pikanterweise findet der geneigte Leser in den zwei Artikeln davor Beiträge zur fachlichen Zukunft von Potsdamer Autoren: Steffen Richter bekam hier die Möglichkeit, seine im Frühjahr 2011 abgeschlossene Bachelor-Arbeit (Studiengang Bibliotheksmanagement) gekürzt abzudrucken: „Die Bibliothek als Ort und Raum. Verfahren zur Wirkungsmessung“ (S. 225-236). Auch und gerade in dieser Druckversion finde ich sie immer noch sehr lesenswert, auch wenn ich mir andere wissenschaftliche Ergebnisse für die Zukunft der Bibliothekswissenschaft gewünscht hätte. Im Anschluss daran (S. 237-241) hat die Zeitschrift dankenswerterweise meinen Einführungsvortrag zum zweiten I-Science-Tag abgedruckt: ein wie ich finde recht anspruchvoller Text, den ich erstaunlicherweise auf dem Krankenlager zustande gebracht habe: „Auf dem Weg zu den Paradiesen des visuellen Web3.0„. In dem Vortrag habe ich versucht, der zu Thema Semantic Web und Informations-Visualisierung stattfindenden Tagung kritsiche Impulse zu geben und bin dabei ‚zufällig‘ zum Mooreschen Gesetz und beim Konflikt zwischen Weizenbaum und Minsky zum Thema Informationsethik angekommen. Über Feedback zu den Thesen würde ich mich freuen. (Der zweite Teil des Einführungsvortrag zum Thema „Konsequenzen für die Ausbildung“, den Herr Kollege Büttner übernommen hat, ist für eine folgende Ausgabe geplant.)

Die experimentelle Online-Ausgabe der Zeitschrift IWP ist erreichbar unter der URL: http://www.agi-imc.de/isearch/DGI_publications.nsf (Allerdings würde ich das Aufheben der gedruckten Ausgabe empfehlen: in dem Heft sind noch einige andere Texte, Stellungnahmen und Kurznotizen, die es zu einem historischen Dokument werden lassen.)

Zweiter I-Science Day in Potsdam

Am 22. März 2011 veranstaltete der Fachbereich Informationswissenschaften nach der starken Nachfrage im vergangenen Jahr zum zweiten Mal den Potsdamer I-Science-Tag – erneut mit großem Erfolg. Wieder konnten viele nationale und internationale Referenten aus Hochschullandschaft, Wissenschaft und Wirtschaft gewonnen werden, um zum diesjährigen Thema „Digitale Gesellschaft: Vom Web 2.0 zum semantischen und visuellen Web 3.0“ zu sprechen. Auch die Teilnehmer der Tagung kamen aus den unterschiedlichsten Bereichen und trugen zu einem regen Ideenaustausch und zu den Diskussionen bei.

Die Vorträge selbst, sowie die Folien und Abstracts der Referenten sind nun auch auf den Seiten der I-Science-Tagung 2011 zu finden.

Nachtrag: auch die Presse berichtet ausgiebig darüber, macht jedoch leider aus Informationswissenschaftlern Medienwissenschaftler. Das ist umso bedauerlicher, als aufgrund eines Wissenschaftsratsgutachtens gerade die Medien- und Kommunikationswissenschaften vor einigen Jahren vom Cluster der Informationswissenschaften hochschulpolitisch getrennt wurden. (Vgl. dazu meinen ausführlichen Beitrag hier im Blog.)

Hier zur Archivierung der PNN Artikel vom 25.3.2011 (Campus-Seite):

Die Spielplatzdichte von New York

von Von Richard Rabensaat

Visuelle Kompetenz erweitern. Film, Animationen und auch die Kommunikation im Internet werden immer wichtiger. Foto: dpa

Medienwissenschaftler haben an der FH die Möglichkeiten des Internets der Zukunft diskutiert

„Ein Computer versteht das Lächeln der Mona Lisa nicht“, stellt Stephan Büttner fest. Das geht nicht nur der Rechenmaschine so, schließlich rätselt die Menschheit seit gut 500 Jahren, was sich hinter dem edlen Antlitz der Schönheit verbirgt. Dennoch illustriert die Feststellung des Professors für Digitale Medien an der Fachhochschule Potsdam (FH), wie weit die Erkenntnisfähigkeit von Siliziumprozessoren reicht. Beim zweiten I-Science Tag des Fachbereiches Informationswissenschaften der FH zeigte Büttner in dieser Woche ein Foto des Gemäldes, das leicht verändert ist, aber einen völlig anderen Ausdruck hat. Die Informationen über die Veränderung könne ein Computer schnell analysieren, welche Stimmung das Bild dann transportiere, könne er vielleicht auch benennen. Was dies bedeute, würde der Rechner allerdings nie erfassen, vermutet Büttner.

„Vom semantischen zum visuellen Web“, lautet das etwas kryptische Motto der Veranstaltung. Mit Facebook, Twitter, Skype und allerlei anderen Anwendungen würde sich die allseits ausufernde Kommunikationsflut im Netz und auf Mobilgeräten ausbreiten, sagen die Wissenschaftler. Deshalb sei es an der Zeit, den ubiquitär verfügbaren Informationen ein anderes Erscheinungsbild zu geben und sie damit auf eine neue Erkenntnisstufe zu hieven.

Bei der Diskussion, wie es mit dem Web weitergehe, würden im Wesentlichen zwei Positionen vertreten, resümiert der Medienwissenschaftler Christoph Hobohm. Während die eine Fraktion behauptet, dass immer noch nicht genug Daten gesammelt würden, legten andere den Schwerpunkt eher bei der Informationsverarbeitung und der sinnvollen Verknüpfung von Daten.

Ein ungeplant anschauliches Beispiel für den gegenwärtigen Stand der Kommunikation im Netz liefert Andrew van de Moere. Weil seine Reise vom belgischen Leuven nach Potsdam nicht zustande kam, spricht er per Liveschaltung vom Beamer in den Hörsaal. Ist die Art, wie sein Vortrag zu der Tagung gelangt, eine mustergültige Web 2.0 Anwendung, so ist der Inhalt ebenso prototypisch für die von den Veranstaltern vermutete Entwicklung des angekündigten Web 3.0.

Moere ist quer durch das Netz gesurft und hat dabei allerlei Webseiten zusammengetragen, in denen nicht Daten und Tabellen, sondern Animationen, Fotos, Filme und Grafiken gleich beim ersten Hinschauen die gewünschten Informationen veranschaulichen. Nicht besonders neu ist die Vermutung, dass es letztlich jede nur denkbare Information im Netz zu finden gibt. Es erstaunen dann aber doch die unmittelbar bevorstehenden Erweiterungen, an denen Informatiker und Programmierer in aller Welt basteln.

Abgefragt werden können nicht nur die Informationen über Höhe, Alter und Zustand jedes Baumes in San Francisco, auch zur Spielplatzdichte in New York und der Anzahl der gestorbenen Soldaten in Afghanistan finden sich mit Bildern aufbereitete Daten im Netz. Den Hauskauf in London erleichtert eine Seite, die es ermöglicht, mit einschränkenden Kriterien, wie der gewünschten Nähe des Arbeitsplatzes und des maximal zur Verfügung stehenden Budgets, die wenigen Orte herauszufiltern, die für den Immobilienkauf infrage kommen.

Auch vor dem Genom des Nutzers macht die Computergrafik nicht halt. Moere hat ein ganzes Bündel von Seiten gefunden, die aus individuellen Genomdaten abstrakte Farbfelder errechnen. „Das ist völlig zweckfrei, aber es sieht trotzdem hübsch aus“, kommentiert der Wissenschaftler. Die Umsetzung von Programmcodes in klingende Töne ist ebenfalls keine Zukunftsmusik mehr und Mediziner freuen sich über die Möglichkeiten der Übermittlung von Pulsschlag und Blutzuckerwerten über das Internet.

Etwas bange mag einem dann aber werden, wenn Computerfirmen Kameras entwickeln, die alle paar Sekunden ein Bild schießen. Diese ermöglichen detaillierte Auskunft über jede Bewegung des Trägers der Kamera. Auch der individuelle Musik-, Essens- und anderer Konsum wird erfasst und möglicherweise unmittelbar gespeichert. Von solchen Möglichkeiten hat nicht einmal George Orwell geträumt. Bis zu Überlegungen, die jeweilige Wetterlage mit einer eingebrannten Wolke oder Sonne auf dem Frühstückstoast zu illustrieren, haben Designer ihre spielerische Fantasie treiben lassen.

„Wir werden in Zukunft mehr Zeit damit verbringen, unsere visuelle Kompetenz zu erweitern“, vermutet Christoph Hobohm. Film, Animationen und auch die Kommunikation im Netz würden immer wichtiger. Dementsprechend wandele sich auch das Berufsfeld der 400 Bibliothekare, Dokumentaristen und Archivare, die an der FH ausgebildet werden. Drei Bachelorstudiengänge mit jeweils 30 Plätzen pro Semester fasst der Fachbereich derzeit. Hier wird heute schon das Personal für eine zunehmend digitalisierte Zukunft ausgebildet.