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Sweeping the Library

Wo schlafen die Nutzer der Stabi?

Wo schlafen die Nutzer der Stabi? (blauer Balken)

In meinem Hauptseminar „Bibliotheksmanagement“ machen wir seit einiger Zeit eher Projektarbeit. Hier entstehen Anleitungen zum Umstieg auf Open Access, Imagefilme oder SWOT Analysen für einzelne Bibliotheken. Aber eben auch konkrete Nutzerstudien wie die Befragung der Nutzer in der Bibliothek des Philologicums der Freien Universität Berlin.

Ein besonders interessantes kleines Projekt fragte in diesem Sommersemester nach der Nutzung des Lesesaals in der Staatsbibliothek zu Berlin (Potsdamer Straße). Hier wurde die qualitative Methode des „Sweeping the Library“ von Lisa Given und Gloria Leckie [1] ausprobiert: „die Bibliothek ausfegen…“ . Wie bei jeder Sozialforschung ist das Ergebnis nicht wirklich überraschend, aber die Projektgruppe empfahl dennoch ihre kontinuierliche Anwendung, denn erst im Zeitvergleich ergeben sich Erkenntnisse.

Hier der Projektbericht (geplant als Beitrag zur Zeitschrift BRAIN).

[1] Given, Lisa M.; Leckie, Gloria J. (2003): “Sweeping” the library. Mapping the social activity space of the public library. In: Library & Information Science Research 25 (4), S. 365–385

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Nachtrag 2011:

Einer  der Autoren hat das Thema weiterverfolgt in seiner preisgekrönten Bachelorarbeit: s. Richter, Steffen (2011): Die Bibliothek als Ort und Raum. Verfahren zur Wirkungsmessung. In: Information – Wissenschaft & Praxis 62 (6), S. 225–236. (hier als PDF)

Nutzerforschung durch Weblog, Usability-Studien und Marktforschung

Eingangsfoyer des Bibliothekartages

Unergründlich waren auf dem Bibliothekartag in Mannheim die sicher tiefschürfenden Entscheidung über die Zusammenstellung der Themenkreissitzungen „Wissensvermittlung im Benutzerdialog“. So fand ich mich in einer Session mit einem Web2.0-Schwerpunkt und einigen Splittern Öffentlichkeitsarbeit und Nutzerforschung wieder. Lange habe ich (genau wie der Moderator der Sitzung) über den Sinn der Zusammenstellung gegrübelt (so ging es übrigens vielen Moderatoren der unterschiedlichen Sitzungen). Schließlich habe ich aber doch ein passendes Bild entwickelt: wir sind auf der Suche nach dem Nutzer – mit Studien und Konzepten oder mit neuen Technologien, die unsere Nutzer schon bedienen.

Sühl-Strohmenger (Freiburg) brachte es eingangs auf den Punkt: bisherige Nutzerstudien sind „Defizitstudien“, die immer wieder erstaunt feststellen, dass die Nutzer die professionellen Informationsarchitekturen nicht verstehen, geschweige denn nutzen. Er zeigte eine Reihe von Grundbedingungen auf, die die neuen Nutzergenerationen (vor allem an den Hochschulen) mitbringen bzw. die sich durch die Technologieentwicklung ergeben. Leider zog er dann aber nicht wirklich die Konsequenz, die Frage nach dem Nutzer ernsthaft anzupacken. „Züchten wir Erschließungsamateure?“ ist sein Monitum im Hinblick auf die Einbindung von Web2.0-Ansätzen in die professionellen Informationsarchitekturen und nicht: „der Nutzer läuft uns weg“.

Treffend fasste dies aber G. Richter aus Göttingen zusammen: „Wenn zwei Welten sich begegnen: Nutzer und Bibliothek“. Spannend war hier der konkrete Einblick in Usability-Studien. Er machte deutlich, dass wir z.B. bei der Suche nach dem Nutzer wissenschaftlich, z.B. theoriegeleitet vorgehen müssen. Usability Forschung lässt sich von der Handlungstheorie leiten, bei der die wissenschaftliche Detektivarbeit darin besteht, herauszufinden, welches die Fortsetzungserwartungen des Nutzers eines Informationssystems (z.B. einer Website) sind. Sein Demofilm aus einer Usability-Studie zeigte deutlich, dass der Nutzer anders tickt als Website-Konstrukteure dies denken, andere Erwartungen hat darüber, was sich hinter einem Button befindet: „Weiter“ auf einer Trefferseite einer Datenbank bedeutet z.B. nicht „nächste Seite in der Trefferliste“, sondern „weiter im Bestellvorgang auf dem Weg zur gewünschten Information“.

Den Hauptteil der langen Session bildeten mehrere Vorträge zu neuen Möglichkeiten des Nutzerkontaktes: über die Vorstellung des Relaunchs der Deutschen Internetbibliothek, zum PR mit neuen Medien oder der Auskunft mit Chatbots bis hin zu der Fallstudie der Einführung eines Corporate Blog der UB der TU Dortmund.

Gespräche am Rande der Veranstaltung zeigten, dass trotz der ermutigenden Beispiele der Suche nach dem Nutzer, die Methoden dafür noch extrem skeptisch eingeschätzt werden. Usability-Forschung wurde mir gegenüber von gestandenen Kollegen als exotische Spielerei abgetan und Weblogs als gefährliches Ding, dass man doch lieber nicht machen sollte.

Vortrag Werner / Hobohm in Mannheim

Wie gesagt, Herr Dr. Werner und ich fühlten uns mit unserem Vortrag zum strategischen Management etwas deplatziert. Im Kern handelte es sich bei unserem Beitrag darum, aufzuzeigen, wie projektorientierte Managementausbildung fruchtbar gemacht werden kann für die eigene Managementpraxis. In diesem Fall konnte die Philologische Bibliothek der FU Berlin aus einer mit Studierenden der FH Potsdam durchgeführten Marktforschung konkrete Argumente für die organisationsinterne Weiterentwicklung des Bibliotheksangebotes ziehen und erfolgreich in den Verhandlungen mit der Universitätsleitung einsetzen. Um Nutzerforschung handelte es sich dabei natürlich nicht. Eher um Marktsegmentierung.

Zum Vortrag.