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Symbolisch: kein Lesen mehr im ZDF, dafür aber in Bibliotheken?

In Zeiten der Krise wird vieles symbolisch: der gestrige Tag der Bibliotheken bietet sich an: in allen Zeitungen wurde fleißig bieder über die Kampagne „Deutschland liest“ berichtet und gleichzeitig (am Rande) noch Nachlese betrieben zum Bildungsgipfel. Einhellig ist die Meinung, dass es kein Gipfel war, sondern eine Schlucht. Auf dem „Gipfel“ wurden die eigentlichen Probleme der Bildung gar nicht angesprochen: genauso wenig wie man in der Berichterstattung zum Tag der Bibliotheken: „Deutschland liest“ mit dem Phänomen Bildung in der deutschen Gesellschaft umgehen kann. Was Bildung heißt und wo diese heute wirklich stattfindet machen unsere zwei Bildungsmatadore deutlich: Elke Heidenreich und Marcel Reich-Ranicki. Das Ergebnis: im ZDF findet künftig kein „Lesen“ mehr statt.

Aus persönlicher Perspektive kann ich noch hinzu fügen, dass auch die Bibliothekswissenschaft sich nicht am Tag der Bibliotheken beteiligt. Bildung ist nicht wirklich gefragtes Thema: wir beschäftigen uns (gezwungenermaßen) im Studiengang Bibliotheksmanagement eher mit E-Science und Datenmanagement als mit so gesellschaftlich komplizierten Dingen wie Bildung und Lesen. Von der Wissenschaftspolitik wird nur Schickes und Cooles gefördert. Auch wenn keiner es versteht, denn Lesen kann ja schließlich jeder – vor allem Minister – da braucht man weder Förderung noch Forschung – und schon gar nicht Professuren.

Bibliotheken auf der politischen Tagesordnung

Bibliotheksanzeige

Eigentlich wollte ich nur in Ruhe einen guten Cappuccino trinken, mich in meinen Lieblingssessel setzen und Zeitung lesen: über die Waldbrände der Welt, die fliehenden Ehegattinnen von Staatspräsidenten und die anderen normalen Katastrophen, die wir so täglich lesen…

Diesmal konnte ich nicht „vernünftig“ Zeitung lesen: auf fast jeder Seite schreit sie mir entgegen, wie wichtig und gut BIBLIOTHEKEN sind. Schon auf der ersten Seite: die Notiz auf S. 11 weiterzulesen zur Kampagne: „Wissen wo’s steht“

Mona Lisa liest Dalai Lama, Adam über Frauen: Mit einer originellen Kampagne wollen die Bibliotheken weg vom staubigen Büchereiimage und so mehr Nutzer gewinnen.

Die Kampagne „Orte des Wissens“ startete am Tag der Bibliotheken mit einer Pressekonferenz und einer Roadshow, auf der die von Heymann+Schnell entworfenen Anzeigen vorgestellt wurden.


Es wird die Landesvorsitzende Cornelia Stabroth zitiert:

Die Kampagne, die Teil der landesweiten Initiative „Bilde deine Zukunft! – Bibliotheken in Brandenburg“ist, „soll das Interesse und die Wahrnehmungen der öffentlichen Bibliotheken verbessern“, sagte die Vorsitzende des Landesverbandes, Cornelia Stabrodt.

So ist die Bibliothek schon längst keine verstaubte Bücherei mehr. Vielmehr sei sie „ein Raum des Wissens und der Bildung“. Ein Treffpunkt zum Dialog, der neben Büchern, weitere Medien wie Zeitschriften, CDs, DVDs und den Zugang zum Internet anbiete.

Schade nur, dass die Kampagne zunächst auf Brandenburg, das Land mit den geringsten Bildungsausgaben in Deutschland beschränkt bleibt. Der Bundesvorstand des DBV hatte sie gegen eine Ausweitung auf andere Länder ausgesprochen.

Dennoch: ich kann mich nicht erinnern, jemals in Deutschland eine Werbeanzeige für Bibliotheken in den Medien gesehen zu haben. (Deshalb das Photo meiner Tageszeitung oben.)

Auf Seite 30 meiner Lokalzeitung wird dann berichtet von unseres Bundespräsidenten „beste Rede“ seiner Amtszeit (Welt Online), in der er anläßlich der Wiedereröffnung des Rokoko-Lesesaals der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar das Motto von Claudia Lux‘ IFLA Präsidentschaft aufgreift und fordert:

Bibliotheken müssen auf die politische Tagesordnung!

Herren im Anzug, Kapital, das geräuschlos Zinsen brignt, bewundernd

Mehr dazu im IBI Weblog.

Tagung der Information Professionals am Rande der Buchmesse


In Halle 4.2 der Buchmesse und dem angrenzenden Congress Centrum trafen sich letzte Woche die Information Professionals Deutschlands zur DGI Jahrestagung. Zwar gab es ein gemütliches „Web2.0 Wohnzimmer“, in dem man Bloggen konnte, aber im nahegelegenen ILC (International Librarian Center) gab es genügend Abwechslung, die einen vom Bloggen abhielt. Auch wenn es immer noch Stimmen gibt, die Ort und Zeitpunkt der DGI Online Tagung für ungünstig halten, so zog doch die Präsidentin der DGI, Prof. Beger, eine überaus positive Bilanz. 457 Tagungsteilnehmer und über 800 Besucher zählte die Buchmesse für die DGI. Halle 4.2 war zwar etwas entfernt vom Congress Centrum, dennoch spürte man die Aktivität und Kreativität von dort auch auf den Tagungssessions.

Die Tagung war als Kontaktbörse und Gesprächsforum sicher ein großer Erfolg, ob das für alle Vortrags-Sessions gleichermaßen galt, kann man schlecht sagen, da man ja immer nur bei wenigen Vorträgen dabei sein konnte. Zumindest in den Sessions, die ich erlebte, war das Thema Ausbildung und Zukunft des Berufs stets zentral. Skepsis und Sorge mischten sich immer wieder mit dem Zweckoptimismus, dass Information Professionals überall gebraucht werden.

In der Podiumsdiskussion mit Ausbildungseinrichtungen und Wirtschaftsvertretern wurde deutlich, wie sehr die Wirtschaft gerade die informationswissenschaftlich ausgebildeten Experten aus unseren Studiengängen braucht. Es wurde von den Wirtschaftsvertretern aber auch deutlich gemacht, dass es in großem Ausmaß auf die Selbstvermarktung (das Auftreten) und die Sozialkompetenz ankommt – wie in anderen Berufen auch. Der Bachelor wurde an Chance gesehen, breitere soziale und intellektuelle Fähigkeiten zu entwickeln. Das Hauptproblem ist und bleibt, dass viele Personalverantwortliche das Berufsbild nicht wirklich kennen, weshalb empfohlen wurde, den Arbeitsmarkt offensiv anzugehen.

Im Abschlussforum zeichnete die DGI für sich selbst ebenfalls ein optimistisches Bild: es sind für die Tagung demnächst weitere Branchenkooperationen und eine verstärkte Internationalisierung geplant – und im nächsten Jahr feiert man die 60. Wiederkehr der Tagung ab dem 15.10.2008 – wieder am Rande der Buchmesse. [Zimmer bald buchen!] Ein konkretes Strategiepapier ist in Arbeit und der Webauftritt wurde pünktlich zur Tagung erneuert (besuchenswert).

PS. auch b2i war präsent mit Beiratssitzung und Vortrag, vgl. das b2i Kommunikationsforum.

FHP-Preis an Niko Schachners Lebende Bücher

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Die Diplomarbeit „Lebende Bücher in der Bibliothek“ von Niko Schachner ist gestern mit dem Hochschulpreis für die beste Abschlussarbeit im Fachbereich Informationswissenschaften ausgezeichnet worden. (vgl. „Ich habe ein lebendes Buch gelesen.„) Am Rande seiner Verteidigung berichtete er auch schon von Folgeprojekten! (vgl. auch seinen Wikipedia-Eintrag).

Herzlichen Glückwunsch und alles Gute weiterhin.

Abschaffung des Neuköllner Bücherbusses im TV

In den Nachrichten des Kinderkanal (KIKA) Logo berichten Kinder über die Abschaffung des Bücherbusses in Berlin-Neukölln. Das ZDF verhilft ihnen in der „Redezeit“ zu einem Gespräch mit dem entsprechenden Kommunalpolitiker, und danach finden die Kinder es gut, dass der Bücherbus bald nicht mehr fährt. Man könne doch über die Schulen Bücher bestellen, so Herr Schimmang…

Celina, Marcel und Mirjana wohnen alle in Berlin-Neukölln und sind richtige Leseratten. Am liebsten lesen die drei Schüler Detektivgeschichten, zum Beispiel von TKKG. Aber wie kommt man immer an die neuesten, spannenden Abenteuer? „Viele haben ja auch nicht so viel Geld und können sich die Sachen nicht immer neu kaufen“, sagt Celina

In Berlin-Neukölln gibt es dafür eine tolle Lösung: den Bücherbus. Der fährt quer durch Neukölln und hält auch an Celinas Schule. Marcel findet toll, dass man in der rollenden Bibliothek so viel ausleihen kann, wie man will: Bücher, Kassetten, DVDs und Zeitschriften.

Jetzt soll der Bücherbus abgeschafft werden! Er ist einfacht zu alt. Angeblich hat der Stadtteil Neukölln zu wenig Geld, um einen neuen Bus zu kaufen. Celina, Marcel und Mirjana sind sauer. Mit ihren Freunden haben sie Unterschriften gesammelt, um gegen die Abschaffung vom Bücherbus zu protestieren. Geholfen hat es nichts. Ein klarer Fall für die logo!-Redezeit.

Herr Schimmang ist Politiker und verantwortlich für die Abschaffung des Bücherbusses. Er kam zum Redezeitgespräch, hatte aber keine richtige Lösung für das Problem. Herr Schimmang sagt, dass es ja auch noch vier andere Bibliotheken in der Stadt gibt. Dabei hat er wohl vergessen, dass die alle viel zu weit weg sind. Celina, Marcel und Mirjana kämpfen aber weiter für ihren Bücherbus. Sie wollen schließlich auch in Zukunft wissen, wie die Abenteuer ihrer Helden weitergehen.