Informationswissenschaften bleiben im Abrißbau

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Ziemlich unvermittelt erhielt die Fachhochschule Potsdam die äußerst demotivierende Nachricht, dass die vielen Planungs- und Baubesprechungen der letzten Monate für den Neubau auf dem Campus umsonst waren. Das Ministerium (mittlere Verwaltungsebene) stattete diese Woche dem Rektor einen Besuch ab und gab bekannt, dass der fast schon begonnene (zumindest in der Planung fertige) Neubau für die Fachbereiche Informationswissenschaften und Sozialwesen, die bisher noch am Alten Markt neben dem Schlossneubau fast vergessen wurden, nun doch nicht mehr gebaut wird. Es wurde keine weitere Perspektive genannt. Die Begründungen sind (natürlich?) rein fiskalischer Natur: die anderen Hochschulbauten in Brandenburg sind zu teuer geworden, unser Neubau ist der einzige, der noch nicht physisch begonnen wurde. Trotz schriftlicher Zusagen des Ministeriums.

Das bedeutet, dass, wenn die städtischen Bauten (Schloss und historische Mitte) ab 2012 realisiert werden, wovon auszugehen ist, das Haus, in dem derzeit die einzige Archivwissenschaft in Deutschland und einige andere informationswissenschaftliche Aktivitäten von nationalem Rang betrieben werden, peu à peu Räume wird aufgeben müssen, weil diese von außen her abgerissen werden. (Das ist in weniger als 1,5 Jahren!)

Wäre ich nicht Beamter altdeutscher Mentalität, würde ich mich jetzt zu Bemerkungen hinreißen lassen, die meine Pension gefährden würden.

M.E. zeugt dies wieder einmal davon, dass die Politik ziemlich konzeptlos ist – um nicht zu sagen beratungsresistent. Wieso bekommen Fachbereiche der alten Welt riesige Neubauten und die Wissenschaften, die die Probleme der neuen Welt bearbeiten könnten, werden vor den Kopf gestoßen? Für mich reiht sich das in eine Reihe mir nicht wirklich verständlicher politischer Entscheidungen der letzten Zeit: allen voran die ebenfalls sehr unvermittelte Beendigung der Förderung von FIZ Technik. Warum mache ich eigentlich noch Informationswissenschaft, wenn es keiner hören will. Richtig Herr Bredemeier!

Bitte lesen Sie die ausführliche und weniger polemische Presseerklärung der Fachhochschule Potsdam.

Presseresonanz: Potsdamer Neueste Nachrichten am 22.8.2010, Märkische Allgemeine Zeitung am 21.8.2010

8 thoughts on “Informationswissenschaften bleiben im Abrißbau

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  2. Hans-Christoph Hobohm Post author

    Bin gespannt, ob es wirklich dadurch einen heißen Wahlkampf gibt. Ein Umzug in die evtl. freiwerdenden alten Gebäude auf dem Campus löst die Platzprobleme nicht und ist im Grunde teurer.

  3. Peter Jobmann

    Wenn man das Thema Alter Markt ein bißchen anschiebt, ist es das größte und aufmerksamkeitserregenste Wahlkampfthema der Stadt – insofern ist da was möglich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Wissenschaftsministerium die öffentliche Aufmerksamkeit bedacht hatte.

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  5. Kai Sommer

    Und hier die (nun endlich gefundene) offizielle Pressemitteilung des MWFK vom 23.8.:
    http://www.mwfk.brandenburg.de

    …irgendwie ent-/verrückt, der Text! Wenn ich mich erinnere, wie im letzten Semester in unseren beiden FBen geplant wurde, dann kann ich eine Aussage wie „Aus Sicht des Wissenschaftsministeriums wird die FH Potsdam nach der Sanierung bestehender Gebäuden am Campus Pappelallee hinreichend über Flächen für ihre Studierenden verfügen, gemessen an den Studierendenzahlen. Auf einen Neubau kann also verzichtet werden.“ nicht wirklich nachvollziehen.

    Und komisch finde ich es auch, dass es bis auf Pressemitteilungen (mit wenig fassbaren Konsequenzen) und (eher) persönliche Ansichten keinen Kommentar seitens der Hochschulangehörigen gibt. *naja,wirwerdensehen*

  6. Steffi S.

    wow, das gibts doch garnicht! – ich hab mich ja schon während des Studiums aufgeregt, dass das „historische“ Stadtschloss NEU aufgebaut wird…! viele Kommilitonen/innen und ich haben uns sehr wohl in dem zwar alten , aber super zentral gelegenen Gebäude gefühlt. Dass nun aber die Fachbereiche weichen müssen, OHNE neue Gebäude zu haben, ist echt die Höhe!!
    und der Potsdamer Landtag bekommt nun das tolle, neue Gebäude …(?!)

    Ich hoffe, es kann noch eine angenehme Kompromisslösung gefunden werden.
    Wie wäre es, wenn die FH-Angehörigen mal wieder streiken (?). – Lärm vor dem Landtagsgebäude zu machen, bringt was! 😉 – Wenn man die Anwohner hinter sich bekommt, bewegt sich was. Wie sieht das Ganze denn aus rechtlicher Sicht aus? Da könnte man doch bestimmt auch noch etwas machen, wenn ursprünglich das Gebäude zugesichert wurde.

    Viel Erfolg und viele Grüße aus Münster,
    Steffi S.

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